Überschriebene Daten retten

Ich habe einige Artikel zum Thema Datenwiederherstellung bzw. Datenrettung auf meiner alten Webseite geschrieben. Die Artikel drehen sich in der Regel darum kostenlos gelöschte Dateien wiederherstellen zu können. Manche stellen auch kostenpflichtige Shareware zum Daten retten vor.

Ich bekomme zu diesen Artikeln häufig Anfragen per Email. Ich habe die Antworten der letzten zwei Jahre ausgewertet und feststellen müssen, dass ich mich nie mit dem Thema „überschriebene Daten retten bzw. wiederherstellen“ beschäftigt habe.

Wieso? Ganz einfach. Überschriebene Daten sind eine eine andere Problematik als gelöschte Dateien wiederherzustellen. Ich meine nicht aus dem Papierkorb Dateien wiederherstellen, sondern aus dem Verzeichnis (nach dem Papierkorb leeren) entfernte Daten.

Wenn Leser von überschriebenen Daten sprechen meinen sie in der Regel Dateien die mit sich selbst oder einer leeren Version überschrieben wurden. Das kann die Diplom- oder Examensarbeit sein, die kurz vor Abgabe unter dem gleichen Namen zwei Mal gespeichert wurde und nun nicht wieder auffindbar ist bzw. leer ist. Das kann aber auch ein Ordner mit Bildern sein, in dem die Bilder durch die Digitalkamera nummeriert wurden und man nun die Urlaubsbilder durch die Bilder vom letzten Ausflug überschrieben hat.

Was ist mit den überschriebenen Daten? Ich kann nur sagen: In der Regel nicht wiederherstellbar, außer Sie benutzen Windows Vista (Business) mit aktivierter automatischer Datensicherung oder eine alternative Datensicherungsmethode. Ich will in diesem Artikel deshalb Präventionsmaßnahmen vorstellen und letzte Versuche der Datenwiederherstellung besprechen.

Wieso ist eine gelöschte Datei zu retten und eine überschriebene in der Regel nicht? Wenn Sie, verehrter Leser, eine Datei löschen wird Sie in den Papierkorb verschoben, d.h die Datei ist mit Leichtigkeit wiederherzustellen. Wenn Sie den Papierkorb leeren wird die Datei nicht wirklich gelöscht sondern die Daten bzgl. der Datei werden aus dem Verzeichnis (vergleichbar einem Register oder einem Inhaltsverzeichnis) gelöscht und der Namen wird leicht verändert (je nach Windows Version). Faktisch ist die Datei weiterhin auf ihrer Festplatte vorhanden, aber die mit den Daten belegten Blöcke der Festplatte sind zum überschreiben freigegeben. Folglich ist es mit etwas Glück möglich bei wenig genutzten Rechnern noch nach Wochen Daten retten zu können. Grundsätzlich gilt, nach dem Erkennen des Datenverlustes den PC herunter fahren und mit einem anderen PC nach einer Datenrettungslösung zu suchen. Die Festplatte sollte so wenig wie möglich genutzt werden, weil jeder Schreibvorgang (das kann schon das Booten des PC sein) auf die Festplatte das Überschreiben ihrer zu rettenden Daten sein kann. Und genau hier ist der Unterschied zwischen gelöschten Daten und überschriebenen Daten zu finden. Sie haben selbst die Daten schon überschrieben bzw. den Computer dazu veranlasst die Daten zu überschreiben, d.h. die Datei wurde explizit Byte für Byte überschrieben!

Wie kann ich nun überschriebene Daten retten? Meines Wissens nach können Sie sie nicht retten(!), sondern versuchen die Daten in einer Sicherung zu finden bzw. daraus wiederherzustellen, alte Versionen zu finden auf Speicherkarten (SD, mircoSD etc.), USB-Sticks, gebrannten CDs / DVDs,  einer externen Festplatte, auf anderen PCs auf denen Sie die Daten bearbeitet haben oder auf ihrer Festplatte bsp. im Windows TEMP-Ordner.

Wie kann man einen solchen Datenverlust vermeiden bzw. vorbeugen?

Eine Datei ist schnell überschrieben, vor allem wenn man es gerade eilig hat. Dieses Problem ist aber nicht neu. Unter Windows hat Microsoft unter Windows Vista Business, Enterprise und Ultimate (Übersicht der verschiedenen Funktionen) reagiert und hat die Schattenkopien eingeführt (dazu später). Unter allen anderen Windows Vista Versionen oder unter allen älteren Windows-Versionen, wie Windows XP und Windows 2000, hat die Heise Redaktion eine perfekte Lösung mit Rsync gestrickt. Wer wie ich viel unterwegs ist und keine zweite Festplatte zur Verfügung hat, aber zumeist einen Internetzugang der kann eine Online Backup Lösung nutzen.

Überschriebene Daten retten mittels „Vorgängerversionen“ unter Windows Vista

Windows Vista (Business, Enterprise und Ultimate) erzeugt sogenannte Schattenkopien, d.h. es werden Dateien in einen Versteckten Order gespeichert sobald die Datei seit der letzten Sicherung verändert wurde.

Schattenkopien von Dateien und Ordnern, die Windows automatisch als Teil eines Wiederherstellungspunkts erstellt. Dabei kann es sich um Dateien auf Ihrem PC oder um freigegebene Dateien auf einem PC woanders im Netzwerk handeln.

Überschriebene Daten zu retten bzw. wiederherzustellen mit dieser Funktion ist ein Kinderspiel. Einfach einen Klick auf die überschriebene Datei machen und dann im Kontextmenü den Reiter „Vorgängerversionen“ wählen. Sie können auch mehrere überschriebene Dateien, gleichzeitig wiederherstellen wenn Sie auf den Ordner klicken und „Vorgängerversionen“ auswählen.

Sie können überschriebene Daten wiederherstellen, öffnen oder kopieren. Wenn Sie wiederherstellen wählen gehen wird die ursprüngliche Datei / werden die ursprünglichen Daten überschrieben (also die Datei auf die Sie den Rechtsklick gemacht haben). Sie sollten wenn es um wichtige Daten geht die Datei zunächst an einen anderen Ort kopieren und von dort aus weiter verarbeiten. Sie können später immer noch die andere Datei überschreiben oder löschen.

Nun werden manche Daten sehr oft geändert und deshalb tut Windows gut daran nicht jede Version zu speichern, ansonsten würde die Festplatte schnell überlaufen. Wie kann man nun beeinflussen, dass eine geänderte Datei als Schattenkopie abgelegt wird?

Was man unter Vorgängerversionen sieht sind auch Sicherungskopien von Dateien und Ordnern, die man über den Sicherungsassistenten erstellt hat. Leider können Sie den Sicherungsassistenten nicht für einzelne Ordner konfigurieren. Sie können jedoch durch den Assistenten erreichen, dass beispielsweise bestimmte Datentypen wie Word Dokumente regelmäßig, beispielsweise täglich, gesichert werden, so dass eine überschriebene Datei wiederherstellbar (Tagesversion) ist. Diese Vorgehensweise ist nicht gerade ressourcenschonend (wann war das Windows auch schon mal), aber einfach zu konfigurieren. Überschriebene Daten retten ist mit der Windows Vista Schattenkopie problemlos.

Sicherung durch Rsync unter Windows 2000, XP und Vista

Manchmal sind die kleinsten Lösungen die mächtigsten Lösungen. Die Heise Redaktion hat schon vor längerer Zeit ein Skript für die nach Windows portierte Version von Rsync veröffentlicht, was es ermöglicht individuelle Schattenkopien unter Windows zu erstellen. Zwar haben Sie nicht den Luxus überschriebene Daten retten zu können wie unter Windows Vista „Vorgängerversionen“ (per Kontextmenü), aber alle Backups bleiben übersichtlich wie die Originale, weil sie wie Vollbackups erscheinen. Des Weiteren können Sie im Gegensatz zur Microsoftlösung Ihr Backup sehr genau zu differenzieren und so oft wie sie wollen oder manuell auszulösen. Das Zauberskript heißt rsyncBackup.vbs und wurde von Karsten Violka in der Computerzeitschrift c’t (2006, Heft 9, S.126-129) veröffentlicht. Ermöglicht werden die Vollbackups durch Hardlinks und inkrementelle Sicherungen.

Ein fiktives Rechenbeispiel: Ein 10 GB Ordner wird gesichert und zwar stündlich. Sie ändern Daten pro Stunde im Umfang von 1 GB und Ihre Partition ist 100 GB groß. Wenn Sie nun Vollbackups machen wird die Platte nach 9 Stunden voll sein (1 x Originaldaten + 9 x Vollbackup). Mit RsyncBackup werden stündlich nur die veränderten Daten gespeichert ( = 1 GB) und um ein Vollbackup zu haben Hardlinks zu den nicht überschriebenen Daten gesetzt. Sie haben also 81 Stunden Zeit bis Ihre Festplatte überläuft (1 x Originaldaten, 1 Vollbackup plus 80 x Rsync-Vollbackups (in Wahrheit inkrementelle Backups).

Keine Zeit fürs Backup? Das vorgestellte Windows-Skript hält mit dem Werkzeug rsync vollautomatisch Schnappschüsse Ihrer Dateien fest, ohne dass Sie die Arbeit unterbrechen müssen. rsync kopiert bei jedem Lauf inkrementell nur die geänderten Dateien. Dank Hard-Links erscheint auf dem Ziellaufwerk aber jede Sicherung als Vollbackup.(Computerzeitschrift c’t, 2006, Heft 9, S.126)

Voraussetzungen für die Nutzung von Rsync-Backup ist eine Festplatte oder Partition mit NTFS-Dateisystem.

Einschränkungen: Rsync kopiert keine geöffneten Dateien, kopiert nur Pfade bis zu einer Länge von 260 Zeichen und kann nicht mit NTFS-Spezialitäten (Junctions, Streams, Sparse Files) umgehen.

Installation und Konfiguration des Skriptes:

Im  rsyncBackup.vbs mit dem Editor öffnen und das Quell- und das Zielverzeichnis für Ihre Backups einfügen.

  • sourceFolder = zu sichernde Ordner
  • const DESTINATION = Zielverzeichnis
  • logFile = Speicherort der Log-Datei
  • excludeFiles = vom Backup auszuschließende Dateien

Für unterschiedliche Backups zu unterschiedlichen Zeitpunkten kopieren Sie das Skript, benennen es um, geben andere Pfade vor und verknüpfen es mit dem Taskmanger oder dem Startmenu. Wie sie wollen.

Anmerkung: Sie sollten den Backup-Ordner bei manchen Programmen (Windows Desktopsuche oder dem Google Desktop etc.), weil ansonsten die Dateien doppelt vorkommen bzw. der Indexvorgang stark verlängert wird.

Download:  RsyncBackup für Windows

Viel Spaß beim Wiederherstellen überschriebener Dateien / Daten!

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